Libri catenati als PDF-eBook

Mein 1996 im WUV-Universitätsverlag erschienenes und seit Längerem vergriffenes Buch Libri catenati. Eine historisch-philosophische Untersuchung der Sekundärdiskurse steht jetzt hier als kostenloses eBook (PDF) zum Herunterladen bereit.

Die Publikation geht auf meine 1994 an der Universität Wien angenommene philosophische Dissertation zurück. Der Text war für die Druckversion überarbeitet worden und wurde nun für die Digitaledition erneut durchgesehen und geringfügig geändert. Mein besonderer Dank gilt dem Verlag facultas für die freundliche Genehmigung.

umschlag des buches libri catenati

Zum Inhalt:

Die wohl wichtigste akademische und journalistische Rede seit dem 19. Jahrhundert stellt ein „Metadiskurs“ dar: Reden über Gesagtes, Schreiben über Geschriebenes, Forschen über Denker*innen … Das Hauptmerkmal dieser Rede ist ihre „sekundäre“ Existenz – gemäß einem bzw. infolge eines anderen Diskurses aufzutreten. In der Sekundärliteratur verkörpert sich die komplexe Mischung dieser Sekundärdiskurse; in ihr sind Kommentar, Kritik und Biographik miteinander vermengt. Doch, war diese immer die bevorzugte Rede der (akademischen oder öffentlichen) Gelehrten? Ausgehend von der Metapher der in mittelalterlichen Klöstern an Lesepulte angeketteten Bücher, der Libri catenati, geht diese historische und erkenntnistheoretische Untersuchung der Verkettung von Diskursen und Büchern auf die Spur.

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Podcast: Dialog und Kritik

Gerald Faschingeder, Direktor des Paulo Freire Zentrums, hat mit mir als Gesprächspartner unter dem Titel „Dialog und Kritik. Wie passt das zusammen?“ einen Podcast gestaltet. Aus dem Kurztext auf der Webseite der Organisation (wo auch der Podcast zu hören ist):

Hakan Gürses (Philosoph, Erwachsenenbildner, Journalist und Musiker) im Gespräch mit Gerald Faschingeder.

Selbstverständlich ist Paulo Freire ein kritischer Philosoph. Bei einer solchen Aussage stellt sich aber die Frage, was eigentlich gemeint ist, wenn wir von Kritik reden. Ist Kritik gleich Kritik? Wie unterscheidet sich die Kritik Paulo Freires an der überkommenen Bildungspraxis oder an Herrschaftsverhältnissen von jener anderer Denkerinnen und Denker?

In diesem Podcast spricht Gerald Faschingeder mit dem Philosophen und Erwachsenenbildner Hakan Gürses, der sich seit vielen Jahren mit der Frage beschäftigt, was Kritik eigentlich ausmacht. An welchen Merkmalen können wir Kritik erkennen? Ist Kritik gleich Vernunft, wie dies Adorno formulierte?

Freire arbeitete in einem politischen Kontext, der selbst nicht frei von Machtmissbrauch und ideologischen Irrläufen war. Wie können wir verstehen, dass eine gewisse Form der Kritik in Macht münden kann? Muss das so sein? Kann eine von Freire inspirierte Form der kritischen Bewusstseinsbildung vor solchen Entwicklungen schützen? Ist es der Dialog, ist es die Dialektik, die vor Machtmissbrauch schützen könnte? Ein Gespräch über Chancen und Grenzen kritischen Denkens.

Der Beitrag kann auch auf Spotify angehört werden als Folge des Podcasts des Zentrums „100x Freire“.

Wahlen, Repräsentation, Demokratie

Ich habe für die aktuelle Nummer (Frühjahr/Sommer 2024) von „Die Österreichischen Volkshochschule – Magazin für Erwachsenenbildung“ (Schwerpunkt: Demokratiebildung) einen Beitrag mit dem Titel „Wahlen, Repräsentation, Demokratie“ verfasst.

Welche Prozeduren können über die Wahlen hinaus demokratische Mitbestimmung stärken? Muss das Wahlrecht nach wie vor an die Staatsangehörigkeit gebunden bleiben, oder sollte nicht etwa eine Wohnbürgerschaft ausreichen, um wählen zu dürfen? Würden die bessere Repräsentation möglichst vieler Bevölkerungsgruppen und die Steigerung der Wahlbeteiligung von ohnehin Wahlberechtigten die Legitimitätskrise überwinden helfen? Kann das systemische demokratische Paradoxon überhaupt mit solchen Maßnahmen aufgehoben werden?

Diese demokratiepolitisch wesentlichen Fragen beschäftigen nicht nur die Politische Theorie. Als aktuelle Probleme sind sie auch an die politische Erwachsenenbildung gerichtet, die eine wichtige Säule für die deliberative Demokratie darstellt.

Die Suche nach Zeichen

Meine Kolumne Stimmlage (Zeitschrift Stimme) in der Ausgabe Frühling 2024, Nr. 130 kann nun auch online gelesen werden: „Die Suche nach Zeichen“ (PDF). Ebenso auf IM BLOG, dem Blog der Initiative Minderheiten: Die Suche nach Zeichen.

Wenn liberale Kritiker*innen „Das ist die Sprache der Nazis!“ aufschreien, müssen sie in nicht seltenen Fällen mit der Antwort rechnen: „Na und?“ Vielen Wähler*innen macht das wirklich nichts aus. Und zwar nicht, weil sie selbst etwas für das NS-Regime übrighätten, sondern weil dieses für sie Schnee von gestern ist. Die FPÖ gewinnt nicht wegen des signalhaften Gebrauchs von NS-Vokabular. Sie gewinnt, weil sie dieses Vokabular auf eine aktuelle Lage mit neuen Zielscheiben ummünzen kann.

Mare Nostrum (Musikvideo)

Mare Nostrum (Akdeniz Ağıtı / Mittelmeer-Elegie)

Bu şarkıyı 2023 yazında yazdım ve Eylül 2023 ile Ocak 2024 arasında evimde kaydettim. Yaşama kaçarken ölüme düşen tüm mülteci insan kardeşlerimize…

Ich schrieb dieses Lied im Sommer 2023 und nahm es zwischen September 2023 und Januar 2024 zu Hause auf. Allen Menschengeschwistern, die auf der Flucht ins Leben in den Tod gefallen sind …

YouTube-Kanal: Hakan Gürses Vienna https://www.youtube.com/watch?v=ebWC2cgxSfE

Spotify: Hakan Gürses Vienna https://open.spotify.com/intl-de/artist/0WuDcsNwWOtY5hbkDizCwe

Apple Music: Hakan Gürses Vienna https://music.apple.com/at/artist/hakan-g%C3%BCrses-vienna/1735121335

Soundcloud: Hakan Guerses soundcloud.com/hakan_guerses

Paradoxe Polarisierung

Im Zusammenhang mit der Vortragsreihe 2023 der ÖGPB, die ich mitkonzipiert und -organisert habe, verfasste ich einen Text für science.orf.at mit dem Titel Paradoxe Polarisierung: Evidenzglaube vs. postfaktische Kritik, der im November 2023 veröffentlicht wurde.

Die neue Verwerfung birgt eine zweifache Gefahr in sich. Erstens die Ausblendung sozialer Gegensätze: Das Gefälle zwischen Arm und Reich, Herrschenden und Subalternen, Nord und Süd oder in Gender-Verhältnissen wurde binnen einiger Monate durch eine Polarisierung überlagert. Jetzt gibt es nur mehr zwei Fronten: Schwurbler*innen oder Vernünftige. Zweitens: Argumente versagen, niemand scheint dem „Feind“ – denen, die auf der „anderen Seite“ stehen – zuhören zu wollen. Der deliberativ-demokratische Rahmen öffentlicher Diskussionen droht zu zerspringen.

Minoritäre Allianz – Stimme # 128

In meinem Beitrag in der Zeitschrift STIMME Nr. 128 habe ich versucht, das Konzept der „minoritären Allianz“ historisch in seinem Entstehungskontext und zugleich als systematisch begründete Strategie zu erörtern: Minoritäre Allianz. Geschichte eines politischen Konzepts.

Allianz kann vieles bedeuten und auf vielen Motiven fußen – etwa: Solidarität; strategisches Bündeln der eng bemessenen Kräfte; der Wunsch, sich nicht spalten zu lassen und Feststellung von Gemeinsamkeiten; aber auch: Bewusstsein vom gemeinsamen Gegner … Die Idee der minoritären Allianz wird von alledem ein wenig mitgetragen. Es gibt aber auch eine Art strukturelle Mengenlehre, die für mich das wichtigste Argument für dieses Konzept ausmacht.

Kritik und Kultur

Meine Kolumne Stimmlage (Zeitschrift Stimme) in der Ausgabe Herbst 2023, Nr. 128 kann nun auch online gelesen werden: „Kritik und Kultur“ (PDF) oder auf IM BLOG.

Kritik wurde in den letzten beiden Jahrzehnten zunehmend idiotopisch: Rechtfertigung und „Inhalt“ des kritischen Diskurses fundieren auf der jeweils eigenen Gruppe von Kritiker*innen. […] Das Ziel der idiotopischen Kritik ist die Veränderung der Machtverhältnisse zugunsten des eigenen Kollektivs. Darum ist sie identitätspolitisch und identitätsstiftend ausgerichtet. Wie man zu einer solchen Kritik und Politik steht, ist gegenwärtig die demokratiepolitische Gretchenfrage. Jedenfalls kehrt mit dieser Debatte ein Problem zurück, von dem ich dachte, wir hätten es bereits ausführlich genug diskutiert: Kultur.

Das Vermächtnis des Freundes

Meine Kolumne Stimmlage (Zeitschrift Stimme) in der Ausgabe Sommer 2023, Nr. 127 kann nun auch online gelesen werden: „Das Vermächtnis des Freundes“ (PDF) oder auf IM BLOG.

 „Rechtspopulistisch“ genannte Parteien wie FPÖ, AfD oder FN erkannten die Lage besser und schafften es, den herbeigesehnten Klassenkampf zu simulieren (den echten zu führen, stand weder in ihrem Interesse noch in ihrem Programm). Es gelang ihnen, den selbst propagierten nationalistisch-rassistischen Abwehrkampf „unseres Volkes“ gegen die „Fremden“ in Begriffe, Bilder und Symbole des Klassenkampfes zu kleiden.